Reisebericht Teil 3: Große Seen und Indian Summer mit der MS Hamburg

MS Hamburg in Windsor, Kanada, Titelbild Reisebericht Teil 3 / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
MS Hamburg in Windsor, Kanada, Titelbild Reisebericht Teil 3 / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Mit der MS Hamburg auf den Großen Seen zum Indian Summer zwischen Wellandkanal, Toronto und dem Sankt-Lorenz-Strom

Im dritten Teil meines Reiseberichtes kreuze ich mit der MS Hamburg nach Windsor, durch den Wellandkanal, in die wunderschöne Stadt Toronto und zum Indian Summer Höhepunkt über den Sankt-Lorenz-Strom bis nach Montreal.    

Tag 14: 11. Oktober 2019 ein Tag auf See

Seetage habe ich ja an Bord der MS Hamburg schon einige verbracht, der heutige bekommt aber eine besondere Bedeutung, denn es ist tatsächlich ein Seetag. Ein Seetag auf dem Huronsee. Der geplante Anlauf in Alpena, einer Stadt an der Thunder Bay am Huronsee, muss aufgrund starker Winde entfallen. Der Wind weht mit Bft. 6 direkt von der Seeseite und türmt die Wellen auf rund 1,5m auf. Das ist zu viel für einen sicheren Verkehr mit den bordeigenen Tendern. Und der Wind soll darüber hinaus weiter zunehmen.

Zwar nimmt der Wind tatsächlich zu, doch der angekündigte Regen bleibt aus. Es scheint den ganzen Tag lang wieder die Sonne. Das Wetter ist sogar so schön, dass die Sonnenliegen und Außenplätze auf dem Sonnendeck der MS Hamburg stark frequentiert werden. Wer mag, besucht einen der Vorträge in der Lounge, die heute spontan organisiert wurden, da ja kein Hafen angelaufen wird. Der Tag verläuft insgesamt ruhig und eignet sich ideal dafür, die Erlebnisse der vergangenen Tage noch einmal Revue passieren zu lassen. Es ist ein wunderbarer Indian Summer Tag.

Tag 15: 12. Oktober 2019 Windsor, Kanada

Aufgrund des Hafenausfalls gestern, erreicht die MS Hamburg den Liegeplatz im kanadischen Windsor heute deutlich früher als geplant. Mit dem Festmachen in Windsor haben wir nun auch die USA wieder verlassen und sind zurück in Kanada. Entsprechend der Wiedereinreise in Kanada, müssen alle Reisenden in Windsor einmal bei den örtlichen Behörden, sowohl den Reisepass als auch das Einreiseformular vorlegen. Dieser Vorgang findet an Bord in der Lounge statt.

Schöne Riverfront aber kaum Sehenswürdigkeiten

Windsor ist die südlichste Stadt in Kanada und liegt unmittelbar an der Grenze zu den USA am Detroit River. Die MS Hamburg hat vor wenigen Tagen genau auf der anderen Flussseite, an der Riverfront von Detroit gelegen. Windsor kann eine besonders schöne Riverfront vorweisen, an der man hervorragend entlanglaufen kann. Weitere Sehenswürdigkeiten, die man sich unbedingt angesehen haben sollte, gibt es in Windsor nicht. Daher betrachte ich persönlich die lange Liegezeit von 10 Stunden nur bedingt positiv. Es steht nun mehr als ausreichend Zeit zur Verfügung. Ich laufe vom Liegeplatz der MS Hamburg rund 60 Minuten entlang des Detroit Rivers in Richtung Peace Fountain. Beim Peace Fountain von Windsor handelt es sich um den einzigen schwimmenden Springbrunnen der Welt, der eine mehr als 20m hohe Wasserfontäne in den Himmel schießen kann und nachts mit einer Lichtshow begeistert. Der Brunnen im Reaume Park wird landseitig umrahmt von einem schönen Ensemble aus Blumen und Sitzgelegenheiten, die ein Theater formen. Im Sommer finden hier Konzerte und andere Aufführungen statt.

Reaume Park und Peace Fountain Windsor mit Detroit Princess / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Reaume Park und Peace Fountain Windsor mit Detroit Princess / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Ich laufe selbige Strecke zurück und schaue mir im Anschluss daran die Innenstadt von Windsor an. Abgesehen von einer Einkaufsstraße mit entsprechenden Geschäften, ist der Rundgang eher enttäuschend. Nach all den großen Highlights und den wunderbaren Destinationen der letzten Tage beurteile ich die Eindrücke allerdings auch sehr kritisch und meine Erwartungen sind hoch. Recht interessant anzusehen ist die Einfahrt in den Windsor-Detroit Tunnel, der eine direkte Verbindung unter dem Detroit River hindurch in die USA darstellt. Entsprechend finden hier auch Grenzkontrollen statt. Ganz hübsch sind die Skulpturen im Odette-Skulpturenpark, der ebenfalls im Verlauf der Riverside angelegt ist und sich unterhalb der Ambassador Bridge befindet.

MS Hamburg in Windsor an Riverfront Festival Plaza / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
MS Hamburg in Windsor an Riverfront Festival Plaza / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Pünktlich um 18:00 Uhr wird die Gangway eingeholt und wir nehmen Kurs auf Port Colborne am Wellandkanal.

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Tag 16: 13. Oktober 2019 Wellandkanal Passage

Noch einmal steht eine Wellandkanal-Passage auf dem Routenplan. Die erste Guard lock erreicht die MS Hamburg gegen 09:00 Uhr morgens. Diese gleicht, wie im Reisebericht Teil 1 beschrieben, den schwankenden Wasserspiegel des Eriesees aus, bevor es Stück für Stück 100m die Treppen hinunter in Richtung Ontariosee geht. Das Wetter ist heute phantastisch, keine Wolke ist am blauen Himmel zu sehen. Die erste von 21 Brücken, die Port Colborne Bridge, ist bereits passiert.

MS Hamburg in einer der Schleusen vom Wellandkanal / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
MS Hamburg in einer der Schleusen vom Wellandkanal / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Nadelöhr Wellandkanal

Die heutige Durchfahrt vom Wellandkanal zeigt besonders anschaulich, wie wenig Platz an beiden Seiten der MS Hamburg zwischen Schiff und Schleusenwand verbleibt und warum die Brückennocks eine Spezialkonstruktion sind – sie lassen sich einfahren, wodurch eine nahtlose Verbindung zur Bordwand entsteht. Die Schleusen vom Wellandkanal sind nicht mit Namen sondern mit Nummern versehen. Der Wellandkanal ist durchschnittlich 80m breit und 8,2m tief. Die maximale Schiffsbreite für Hochseeschiffe, die den Kanal befahren wollen, liegt bei 23,8m, die maximale Länge bei 225,6m, der Tiefgang bei 8,08m. Mit einer Länge von rund 140m ist da am Bug und Heck zwischen MS Hamburg und den Schleusentoren noch genügend Platz. Anders sieht es an der Steuerbord- und Backbordseite aus. Mit 21,5m verbleibt jeweils nur 1,45m Luft zum Manövrieren. Die Schleusenbreite beträgt 24,4m, die Länge 233,5m. Die jeweilige Hubhöhe liegt bei 13-15m. Die maximale Durchfahrtshöhe unter der niedrigsten Brücke, der Garden City Skyway Bridge, beträgt 35,5m. Pro Jahr befahren etwa 3.000 Schiffe den Wellandkanal. Die wohl interessanteste der insgesamt 21 Brücken, die den Kanal überqueren, ist die Allanburg Bridge, unter der vor vielen Jahren ein Frachtschiff mit dem angehobenen Brückenteil kollidierte, da dieses zu früh wieder gesenkt wurde.

Lock five Blick zur Glendale Bridge am Welland Canal / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Lock five Blick zur Glendale Bridge am Welland Canal / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Wie schon auf der Hinfahrt wird die MS Hamburg überall an den Ufern von Einheimischen begrüßt, Deutsche Flaggen geschwenkt und gewunken. Autos bleiben stehen oder hupen im Vorbeifahren. In einigen Gärten wird gegrillt, in anderen sind spielende Kinder zu beobachten. Eine Atmosphäre entlang des Kanals ist den ganzen Tag lang klasse. Einer der Gründe, weshalb ich eine Durchfahrt durch den Wellandkanal interessanter finde als durch den Panamakanal.

Nach dem Passieren von Schleuse 1 dauert es nicht mehr lange, bis vor dem Bug der MS Hamburg die illuminierte Skyline von Toronto immer größer zu sehen ist. Den ganzen Tag lang war der riesige CN-Tower bereits gut zu erkennen. Die Toronto Islands auf der Backbordseite stimmen derweil schon einmal auf den morgigen Tag in Toronto ein.

Toronto Skyline bei Ankunft MS Hamburg / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Toronto Skyline bei Ankunft MS Hamburg / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Nach einer 180°-Wende, macht die MS Hamburg am vorgesehenen Liegeplatz im Hafen von Toronto fest. Damit neigt sich wieder ein Tag dem Ende entgegen.

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Tag 17: 14. Oktober 2019 Toronto, Ontario

In der größten Stadt Kanadas, die am nordwestlichen Ufer des Ontariosees liegt, leben rund 3 Millionen Menschen. Toronto hat mich bereits bei meinem letzten Besuch vor 25 Jahren begeistert, heute bin ich wirklich gespannt, ob sich daran nach all den Jahren etwas geändert hat. Für den Weg zwischen Liegeplatz und City wird wieder ein Uber-Taxi per App bestellt, was bestens funktioniert.

Die Liste der Sehenswürdigkeiten in Toronto ist lang. Hier einige besonders interessante:

  • Royal Ontario Museum
  • Casa Loma
  • Ripley´s Aquarium of Canada
  • CN-Tower
  • Yonge Street – Einkaufsstraße
  • Rogers Center – Arena der Toronto Blue Jays (früher Sky Dome)
  • Art Gallery of Toronto
  • Entertainment District – Torontos Antwort auf den Broadway
  • Toronto Zoo
  • Casa Loma
  • St. Lawrence Market
  • City Hall & Nathan Philips Square
  • Eaton Center (Shopping)
  • High Park
  • Toronto Islands
  • Ontario Science Center (früher Ontario Place)

Da auch heute die Zeit sehr begrenzt ist, verzichte ich auf einen Besuch im Casa Loma, obwohl ich schon deutlich vor der Öffnungszeit dort eintreffe. Das Casa Loma ist ein 1911 bis 1914 von Sir Henry Pellatt für ca. 3,5 Millionen CAD als Wohnhaus erbaut worden. Die Architektur, welche an mittelalterliche Schlösser in Europa erinnert, blieb bis heute erhalten. Das Haus kann besichtigt werden, allerdings habe ich nicht mit einer Warteschlange, bestehend aus gefühlt 300 asiatischen Reisenden gerechnet. Auf direktem Weg begebe ich mich also in die Innenstadt zur City Hall.

City Hall und Old City Hall

Die City Hall liegt am Nathan Philips Square (früherer Bürgermeister von Toronto) und wurde zwischen 1961-1965 fertiggestellt. Der Bau besteht aus zwei Türmen, dem 99,67m hohen East Tower und dem 79,55m hohen West Tower. Zwischen den Türmen befindet sich ein Plenarsaal, der in seiner Form an eine Untertasse erinnert. Das alte Rathaus (Old City Hall) von Toronto steht nur einen Steinwurf entfernt, gleich nebenan. Das alte Rathaus war von 1899 bis 1966 Sitz der Stadtregierung und ist mit 104m etwas höher als das neuere Gebäude. Bei seiner Eröffnung war die Old City Hall das größte Verwaltungsgebäude in Nordamerika.

Toronto City Hall und Old City Hall / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Toronto City Hall und Old City Hall / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Das Eaton Center

Nur wenige Gehminuten entfernt besuche ich im weiteren Verlauf meines Stadtrundgangs das Eaton Center. Die Fertigstellung erfolgte in mehreren Bauphasen, beginnend im Jahr 1977. Das Eaton Center war viele Jahre lang das größte Einkaufszentrum in Nordamerika und eines der größten der Welt. Im Jahr 1978 eröffnete im Eaton Center das größte Multiplex-Kino der Welt. Das Einkaufszentrum wurde in den vielen Jahren seit seiner Fertigstellung vielfach umgebaut, das ursprüngliche Gesicht blieb aber bis heute erhalten. Ebenso hängt immer noch das markante Kunstwerk „Flight Stop“ von Michael Snow in der großen Haupthalle des Centers. Dabei handelt es sich um eine Gruppe fliegender Kanadagänse aus Glasfasern.

Toronto Eaton Centre / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Toronto Eaton Centre / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Mein nächstes Ziel ist die Sehenswürdigkeit Nummer 1 in Toronto, der CN-Tower. Auf dem Weg dorthin laufe ich vorbei an der St. Andrews Church, der Roy Thomson Hall und dem Ripley´s Aquarium, welches direkt am Fuße des CN-Towers liegt. Bisher halten sich die offensichtlichen Veränderungen in der Stadt, im Vergleich zu meinem damaligen, sechswöchigen Besuch, in Grenzen. Sieht man einmal von der enorm gestiegenen Zahl der Hochhäuser ab. Die wohl gravierendste Veränderung entdecke ich direkt vor dem CN-Tower. Dort, wo damals ein altes Bahnbetriebswerk samt Drehscheibe dem langsamen Verfall überlassen war, befindet sich heute das Toronto Railway Museum mit Restaurant, Brauerei und Cafés.

Der CN Tower – Blick aus 346m und 446m Höhe

Das unübersehbare Wahrzeichen der Stadt ist seit der Eröffnung am 26. Juni 1976 der CN Tower. Im Untergeschoss des Turmes muss zunächst eine Sicherheitsschleuse passiert werden, bei der auch alle mitgebrachten Gegenstände durchleuchtet werden. Ich habe auch heute wieder Glück, denn die Besucherschlangen sind kaum messbar. In Spitzenzeiten beträgt die Wartezeit vor den insgesamt 6 Fahrstühlen bis zu 3 Stunden, wie ich auf Hinweistafeln erkenne. Im Erdgeschoss befinden sich ein interaktives Multimedia-Zentrum, ein Souvenirgeschäft, ein Café und ein kleines Kino, in dem Filme über den Bau des CN Tower gezeigt werden. Die Aufzüge erreichen eine Geschwindigkeit von 6m/s und befördern die Besucher in 58 Sekunden vom Erdgeschoss zur ersten Aussichtsplattform. Der Turmkorb beherbergt verschiedene Aussichtsplattformen.

Main Observation Level 346m CN Tower Toronto / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Main Observation Level 346m CN Tower Toronto / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Hier eine Übersicht der verschiedenen Aussichtsmöglichkeiten auf dem CN Tower:

  • 342m: Outdoor Observation Level mit teilverglastem Boden
  • 346m: Main Observation Level
  • 351m: 360 Drehrestaurant
  • 356m: Edge Walk – 1,5m breiter Steg, außerhalb des Turmes
  • 447m: Sky Pod Level mit senkrechter Sicht nach unten

Turmspitze schwankt bis zu 1,07m

War der Bau seinerzeit sehr umstritten, so hat er heute Symbolcharakter und ist weltweit bekannt. Wer Toronto besucht, sollte in jedem Fall auch einen Besuch auf dem CN Tower einplanen. Sowohl die reguläre, als auch die über einen weiteren Fahrstuhl, vom Main Observation Level aus, zu erreichende Sky Pod Plattform bieten atemberaubende Aussichten. Vom Sky Pod Level aus ist sogar die Gischt der Niagarafälle zu erkennen. Der CN Tower hält Windgeschwindigkeiten von bis zu 320 km/h stand. Die Turmspitze schwankt bei Sturm bis zu 1,07m, das Sky Pod Level 0,46cm. Auf dem Sky Pod Level ist ein Pendel installiert, welcher beeindruckend zeigt, wie sich der Turm bewegt.

SkyPod view 447m CN Tower Toronto / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
SkyPod view 447m CN Tower Toronto / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Die Toronto Islands zum Indian Summer

Gerne würde ich noch etwas mehr Zeit auf dem CN Tower verbringen, doch ich habe noch ein letztes Ziel am heutigen Tag, die Toronto Islands. Diese erreicht man von der Fährstation am Harbour Square Park aus. Der Weg dorthin führt entlang der Harbourfront, die sehr schön angelegt und von mehreren Parkanlagen durchzogen ist. Die Fähren zu den Toronto Islands verkehren in der Nebensaison alle 30 Minuten, die Fahrtzeit beträgt etwa 20 Minuten. Die nächste Fähre bringt mich nach Centre Island. Auch hier bin ich vor 25 Jahren bereits mehrfach gewesen. Auffällige Veränderungen erkenne ich im Vergleich zu damals keine. Der Blick von den Toronto Islands aus auf die Skyline ist einmalig schön. Gerade jetzt zur Herbstzeit, wenn das Laub der vielen Bäume auf den Inseln sich bunt verfärbt hat. Die Toronto Islands stellen ein einzigartiges Naherholungsgebiet für die Stadtbewohner dar und sind eine beliebte Touristenattraktion, insbesondere in den Sommermonaten. Insgesamt gibt es acht miteinander verbundene Inseln. Leider verbleibt nicht mehr ausreichend Zeit, um einen ausgedehnten Spaziergang über mehrere Inseln zu unternehmen. Nach einem letzten Blick, durch das bunte Herbstlaub hindurch auf die Skyline, nehme ich die nächste Fähre zurück in Richtung Festland. Dort wartet bereits das vorbestellte Uber-Taxi auf mich, welches auf direktem Weg zurück in Richtung Hafen fährt.

Toronto Skyline Blick von Toronto Islands aus / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Toronto Skyline Blick von Toronto Islands aus / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Die Spannung steigt!

Um 17:00 Uhr heißt es dann leider Abschied nehmen von den Großen Seen, denn morgen Früh erreicht die MS Hamburg die erste Schleuse am Sankt-Lorenz-Strom. Noch immer ist das Wetter absolut phantastisch und für die kommende Nacht ist zum zweiten Mal in Folge mäßiger Frost angesagt. Gefolgt von einem weiteren, sonnigen Tag auf dem Sankt-Lorenz-Strom. Das sind die besten Voraussetzungen für ein großes Naturschauspiel am vorletzten Tag dieser Kreuzfahrt. Die Verfärbungen an den Bäumen sollten nun ihren Höhepunkt erreichen und für unvergessliche Eindrücke des Indian Summers sorgen. Die Spannung steigt, denn das Zeitfenster für den Höhepunkt dieses jährlichen Spektakels zu erwischen ist nicht einfach und stets mit etwas Glück verbunden. Es gibt sogar spezielle Webseiten, die über den aktuellen Status der Blattverfärbungen in unterschiedlichen Regionen darlegen.

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Tag 18: 15. Oktober 2019 Indian Summer am Sankt-Lorenz-Strom

Ich sehe Rot!

Mein Tag beginnt mit dem Sonnenaufgang und einem Blick aus dem Kabinenfenster. Was ich dort sehe, übertrifft alle Erwartungen. Ich sehe Rot! Selten war ich so schnell an Deck. Zu meinem Erstaunen liegen die meisten anderen Gäste noch im Bett, denn kaum jemand ist auf den Außendecks zu sehen. Es ist bitterkalt, der Himmel wolkenlos und um mich herum scheint es eine Explosion der Farben gegeben zu haben. Die Herbst-Sonne und der Nachtfrost haben die Landschaft verzaubert. Der Indian Summer ist tatsächlich da. Und wie!

Indian Summer am Sankt-Lorenz-Strom in Kanada / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Indian Summer am Sankt-Lorenz-Strom in Kanada / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Eine einzige Frostnacht reicht aus

Es mag übertrieben klingen aber so habe ich mir den Indian Summer tatsächlich nicht vorgestellt. Ja, ich kenne den „Altweibersommer“ oder den „goldenen Herbst“ aus unseren Regionen in Europa. Auch da gibt es Tage, an denen die Blätter besonders farbintensiv strahlen, woran ich mich erfreue. Das, was sich hier zeigt, übertrifft jeden Herbst, den ich in Europa gesehen habe, um Längen. In den unterschiedlichsten Schattierungen von Rot, Orange und Gelb erstrahlen die Blätter an den Bäumen. Eine einzige Frostnacht reicht aus, um den Prozess der sich verfärbenden Blätter auslöst, in Gang zu setzen.

MS Hamburg zum Indian Summer auf dem Sankt-Lorenz-Strom / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
MS Hamburg zum Indian Summer auf dem Sankt-Lorenz-Strom / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Indian Summer oder Foliage

Nun bleibt immer noch die Frage offen, warum der Indian Summer so heißt und warum die Farben in Nordamerika so viel ausgeprägter sind als in Europa. Oder heißt der Indian Summer gar nicht so? Ich habe mich vor Ort umgehört und versuche es mal zu erklären.

Zunächst braucht man ein ausgedehntes Hochdruckgebiet im Herbst und mindestens einen Nachtfrost. Diese Bedingungen wurden in den letzten Tagen perfekt erfüllt. Der heutige Tag ist also ein perfekter Foliage-Tag, wie die Kanadier das Phänomen der Blattverfärbung auch nennen. Wenn man in Kanada einen Einheimischen nach dem „Indian Summer“ fragt, weiß er zwar sofort, was gemeint ist, doch man enttarnt sich auch gleich als Tourist. Was Touristen und nicht Einheimische als „Indian Summer“ bezeichnen, wird in ganz Nordamerika Foliage genannt – buntes Blattwerk. Die „peak-foliage“ (den Höhepunkt der Verfärbungen) zu erwischen, ist als Tourist schwierig.

Rund 800 Baumarten sorgen für ein Kaleidoskop an Farben

Dann braucht man die „richtigen“ Laubbaumsorten, die in wenigen Tagen mehrfach die Farbe wechseln oder sogar ein komplettes Farbspektrum gleichzeitig zeigen. Dazu zählen verschiedene Birken,- und Ahornarten wie der Rot-, Silber- und Zuckerahorn, Haselnuss, Buchen und Eichen.

Die Intensität der Laubfärbung ist abhängig vom Regen, dem Zuckergehalt der Blätter, der Anzahl der Tagesstunden und den Temperaturen und daher hinsichtlich ihrer stärksten Ausprägung grundsätzlich nicht exakt prognostizierbar. In Nordamerika sind rund 800 Baumarten beheimatet, darunter 70 Eichenarten und eben der Zuckerahorn, der die prächtigsten Farben bildet. In Europa gibt es im Vergleich nur etwa 50 Baumarten. Die rund 800 Baumarten sorgen bei entsprechender Witterung für ein massives Farbspektrum.

Im Rausch der Farben beim Indian Summer am Sankt-Lorenz-Strom / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Im Rausch der Farben beim Indian Summer am Sankt-Lorenz-Strom / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Die Blattentfärbung – ein chemischer Prozess

Die Verfärbung der Blätter ist ein rein chemischer Prozess. Ausgelöst durch den Frost sowie folgende, warme Temperaturen. Der Frost unterbricht zunächst die Wasser- und Nährstoffversorgung zwischen Blatt und Baum. Das Blatt ist nun vom Baum abgenabelt und erhält von diesem kein Wasser mehr. Anders herum wird kein Blattzucker mehr zum Baum transportiert, er verbleibt im Blatt. Der Zellensaft beginnt sich im Blatt anzuhäufen. Wenn das Chlorophyll abgebaut wird, welches die Blätter grün erscheinen lässt, haben andere Stoffe,  ihre große Stunde. Sobald das Chlorophyll entzogen wurde, kommen diese anderen Stoffe zum Vorschein. Sie sind grundsätzlich immer im Blatt vorhanden, werden aber vom Chlorophyll „überdeckt“. Da sie für die Pflanze nicht ganz so wertvoll sind wie das Chlorophyll, werden sie nur teilweise abgebaut und eingelagert. Die im Blatt verbleibenden Xanthophylle und Karotinoide lassen dieses jetzt gelblich, orange oder rot erleuchten. Die Blätter färben sich also nicht, sondern sie entfärben sich durch den Abbau des Chlorophylls. Das Farbenfeuerwerk des Herbstes wird damit entzündet. So ist das Phänomen zumindest in Kurzform, hoffentlich verständlich erklärt.

Und woher kommt nun der Name Indian Summer?

Eine genaue Erklärung dafür gibt es nicht, wie mir von Einheimischen versichert wird. Man vermutet, dass der Begriff aus der Zeit der nordamerikanischen Indianer stammt. Das Wort „Indian Summer“ wird in erster Linie für Marketingzwecke genutzt. In Nordamerika nennt man das Ereignis wie gesagt „Foliage“.

Während ich mich an den bunten Farben gar nicht satt sehen kann, entdecke ich in einem der Bäume einen erwachsenen Weißkopfseeadler, der gerade wegfliegt. Der Weißkopfseeadler ist das Wappentier der USA und kann bis zu 2,5m Flügelspannweite erreichen.

Was für ein phantastischer Tag!

Weisskopfseeadler, American Eagle, Sankt-Lorenz-Strom / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Weisskopfseeadler, American Eagle, Sankt-Lorenz-Strom / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Noch viele Stunden lang setzt sich die Farbenpracht an den Ufern des Sankt-Lorenz-Stroms fort. Schöner und intensiver kann man den Indian Summer im Rahmen einer Kreuzfahrt kaum erleben. Langsam aber sicher kehrt die MS Hamburg dem Herbst den Rücken zu.

Egal ob während einer Kreuzfahrt oder auf dem Landwege, einmal im Leben sollte man dieses Schauspiel der Natur selbst gesehen haben!

Vor der Ankunft in Montreal passiert die MS Hamburg in der Nacht die letzten Schleusen.

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Tag 19: 16. Oktober 2019 Montréal

Ein weiterer Tag in Montréal

Der Starthafen dieser ganz besonderen Kreuzfahrt ist zugleich auch der Zielhafen. Aufgrund des schlechten Wetters am Einschiffungstag stehen noch der Besuch in der Basilika Notre-Dame de Montréal sowie ein Stadtrundgang auf meinem Plan.

Da sich die Basilika Notre-Dame de Montréal unweit vom Kreuzfahrtterminal in Montréal befindet, lege ich die kurze Strecke zu Fuß zurück. Die römisch-katholische Basilika Notre-Dame de Montréal befindet sich in der Altstadt von Montréal. Das hübsche, neugotische Gebäude entstand von 1824 bis 1829 und ersetzt die frühere, gleichnamige Pfarrkirche. Die Basilika gehört zu den größten Kirchen Nordamerikas und erinnert von außen an die Kathedrale Notre-Dame de Paris. Im Innenbereich der Basilika entfaltet sich die gesamte Schönheit. Wer in das Hauptschiff, die Seitenschiffe, die Sakristei und die angrenzende Kapelle des Gotteshauses eintritt, der wird von einem prächtigen Innendekor mit unzähligen, detailreichen Skulpturen, aufwendig ausgestalteten Holzarbeiten und sehr filigranen Freskenarbeiten empfangen.

Innenansicht Basilika Notre-Dame de Montreal / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Innenansicht Basilika Notre-Dame de Montreal / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Eine Kreuzfahrt voller Sonnenschein

Im Anschluss an meinen Besuch in der schönen Basilika schlendere ich, mehr oder weniger ohne fest geplante Laufstrecke, durch die Straßen von Montréal. Die Bäume haben sich, im Vergleich zu Ende September, deutlich verfärbt. Das bunte Laub sorgt für viele bunte Farbtupfer zwischen den Hochhausfassaden. Das ausgeprägte Hochdruckgebiet, welches mich fast den gesamten Reiseverlauf über begleitet hat, zieht sich langsam zurück. Der Wind frischt im Tagesverlauf auf und die Sonne macht sich rar. Viel besser hätte das Wetter während dieser Kreuzfahrt nicht sein können, sieht man einmal vom Nachmittag an den Niagarafällen und dem Besuch in Kingston ab.

Impressionen aus Montreal / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Impressionen aus Montreal / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Den letzten Abend an Bord lasse ich gemütlich am Pooldeck ausklingen, genieße noch einen Blick auf die Skyline von Montréal und schaue skeptisch in die Wettervorhersage für den morgigen Ausschiffungstag. Die sieht nämlich ähnlich schlecht aus wie am Tag der Einschiffung. Der für morgen geplante Ausflug zum bekannten Skiort Mont Tremblant in den Laurentinischen Bergen scheint regelrecht ins Wasser zu fallen. 

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Tag 20: 17. Oktober 2019 Montréal – Ausschiffung

Die Wettervorhersage behält bedauerlicherweise Recht. Dunkle Regenwolken liegen über der Stadt, starker Wind bläst den Regen durch die Straßen und die Ausschiffung wird zu einem nassen Unterfangen. Da ich einen Tag später als die anderen Reisegäste zurück nach Deutschland fliege, nutze ich den heutigen Tag dafür, meinen gebuchten Mietwagen abzuholen und das Hotel in der Innenstadt zu beziehen.

Regen und Sturm in Montreal am Cruise Terminal / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Regen und Sturm in Montreal am Cruise Terminal / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Montréal hält für verregnete und kalte Tage noch einen kleinen Geheimtipp bereit. Ein Geheimtipp ist es deshalb, weil viele Touristen davon keine Kenntnis haben.

Größte Untergrundstadt der Welt

Das anhaltend schlechte Wetter eignet sich perfekt für einen Besuch in der Underground City von Montréal. Dass in Montréal die größte Untergrundstadt der Welt zu finden ist, mag man als Tourist und Stadtbesucher zunächst nicht vermuten. Die Untergrundstadt wird auch in den meisten Reiseführern nur nebenbei erwähnt. Die Ursprünge gehen auf das Jahr 1962 zurück, als der Wolkenkratzer Place Ville-Marie beim Bau auch ein unterirdisches Einkaufszentrum sowie eine Tunnelverbindung zum Hauptbahnhof Gare Centrale erhalten hat. Grund dafür war die Idee, dass die Mitarbeiter während der strengen Winter und an Regentagen, vom Bahnhof aus direkt die Büros erreichen können. Diese Idee kam so gut an, dass bis zum Jahr 1966 weitere Tunnel und Geschäfte unter der Erde entstanden, die Hotels und Metrostationen zusammenfügten. Es folgten weitere, große Ausbauphasen, die bis heute nicht vollständig abgeschlossen sind. Die Länge des Tunnelsystems beträgt derzeit rund 32 Kilometer. Heute sind mehr als 80% aller Büro- und etwa 40% der Ladenflächen in der Innenstadt an die Untergrundstadt angeschlossen. Das ist weltweit einmalig! Die Eingänge in die Untergrundstadt sind für Touristen nicht direkt zu erkennen, da sie meist innerhalb von Bürogebäuden angelegt sind. Besonders schön ist der Zugang am Complexe Desjardins.

Montreal Eingang Underground City bei Complexe Desjardins / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Montreal Eingang Underground City bei Complexe Desjardins / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Tag 21: 18. Oktober 2019

Letzter Tag und noch ein Highlight

Bevor am Abend die Rückreise von Montréal via London nach Hamburg beginnt, lasse ich es mir nicht nehmen, doch noch eine Fahrt in die Laurentinischen Berge zu unternehmen. Diese Fahrt unternehme ich heute zwar mit meinem Mietwagen, sie wird in ähnlicher Form aber auch als Ausflug von Bord der MS Hamburg angeboten. Das Wetter hat sich inzwischen gebessert und so starte ich am frühen Morgen die etwa 2-stündige Autofahrt. Die südlichen Ausläufer der Bergkette sind bei den Bewohnern von Montréal als beliebtes Erholungsgebiet bekannt. Insbesondere der rund 1.000m hoch gelegene Ort Tremblant sticht hier durch seine Lage und Schönheit hervor. Es gilt zu beachten, dass der Ort Tremblant am malerischen Lac Tremblant nichts mit dem etwa 10km entfernten Ort Mont-Tremblant zu tun hat. Der Ort Mont-Tremblant ist der Hauptort, in dem zahlreiche Hotels und Geschäfte zu finden sind. Beim Ort Tremblant handelt es sich eigentlich um das Mont Tremblant Resort, also ein Hotel, welches aufgrund der Bauweise und der bunten Häuser darum herum an Disneyland erinnert. Der ganze Komplex ist inzwischen so angelegt, dass er deutlich schöner ist als die eigentliche Stadt Mont-Tremblant. Ich stelle das Auto auf einem nahegelegenen Parkplatz ab und ziehe einige Runden durch die Straßen von Tremblant Village. Auch wenn hier nahezu alles auf Tourismus ausgelegt ist, gefällt mir der Ort sehr gut. Die Atmosphäre ist klasse und wird unterstrichen von der malerischen Lage am Lac Tremblant sowie den umliegenden Bergen, die von vielen Wanderwegen durchzogen sind. Im Winter ist Tremblant ein hervorragender Wintersportort.

Tremblant Village am Lac Tremblant , Quebec, Canada / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Tremblant Village am Lac Tremblant , Quebec, Canada / Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Der heutige, letzte Ausflug hat sich absolut gelohnt. Gerne wäre ich noch etwas länger in Tremblant geblieben, doch es wird höchste Zeit den Weg zum Flughafen anzutreten.

Am Abend startet mit etwa einer Stunde Verspätung mein Flug in die Heimat. Damit endet nun auch die Reise „Große Seen und Indian Summer mit der MS Hamburg“.

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Das Fazit fällt diesmal noch kürzer aus als auf meinen vergangenen Kreuzfahrten: Ich würde die gesamte Region der Großen Seen als „Must-see-Places“ bezeichnen. Wobei es sich, genau genommen, um mehrere Plätze handelt. Unbedingt empfehlenswert ist eine solche Reise auf jede Fall! Der Mix an interessanten Großstädten und unberührter Natur ist so perfekt wie auf kaum einer anderen, meiner bisherigen Kreuzfahrten. Darüber hinaus bietet jeder Tag ein Höchstmaß an Abwechslung. Herausragend ist, nicht nur für Technikfans, die Passage der vielen Schleusen auf dem Sankt-Lorenz-Seeweg. Der Indian Summer bzw. das Foliage setzt den Erlebnissen und Eindrücken schließlich die Krone auf.

Oliver Asmussen
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