Die größte Vulkaninsel der Erde: Kreuzfahrt mit der Ocean Majesty rund um Island – Teil 1

MS Ocean Majesty auslaufend aus Hamburg am 16.08.2017 in Richtung Island. Foto: K.Kaulfuss
MS Ocean Majesty auslaufend aus Hamburg am 16.08.2017 in Richtung Island. Foto: K.Kaulfuss

Reisebericht Teil 1: Von Hamburg über Lerwick auf den Shetland-Inseln nach Seydisfjördur

Island hat sich in den vergangenen Jahren zu einen beliebten Reiseziel entwickelt. Mit der Ocean Majesty macht sich Oliver Asmussen auf Weg zur Vulkaninsel und erzählt von einer einmaligen Kreuzfahrt mit atemberaubender Natur.

Tag 1: 16. August 2017 Hamburg

Die Anreise zum Kreuzfahrtterminal in Hamburg Altona erfolgt für alle Reisenden individuell, es sei denn die Anreise wurde über Hansa Touristik gebucht. Unsere kleine, weiße Lady Ocean Majesty liegt bereits seit den frühen Morgenstunden am Cruiseterminal und wird von der Crew noch für die neuen Gäste herausgeputzt. Die rund 136m lange und 10.417 BRZ große Ocean Majesty, welche seit 5 Jahren in den Sommermonaten unter der Charterflagge von Hansa Touristik fährt, eignet sich aufgrund ihrer geringen Größe und der niedrigen Passagierzahl perfekt für eine Kreuzfahrt rund um Island, wie sie heute hier in der Hansestadt Hamburg beginnen wird.

Auf Wiedersehen Hamburg

Der Empfang an Bord ist wie immer sehr herzlich und aufmerksam. Nach der obligatorischen Seenotrettungsübung gibt Kapitän Giannis Papangelis pünktlich um 16:50 Uhr das Kommando „Leinen los“ und der schmucke Kreuzfahrtklassiker entfernt sich langsam von seinem Liegeplatz am Cruiseterminal in Altona.

Das Auslaufen aus dem Hamburger Hafen ist auch für Gäste, die in Norddeutschland wohnen ein großartiges Erlebnis, denn das Panorama ist wirklich einzigartig und die Stimmung beim Ablegen unvergleichbar. Wir fahren kurz darauf an bekannten Sehenswürdigkeiten wie dem Museumshafen Övelgönne, der Lotsenstation Finkenwerder, den AIRBUS Werken, dem malerischen Villenviertel Blankenese und der Schiffsbegrüßungsanlage Willkommhöft in Wedel vorbei. Das Wetter ist herrlich. Nicht selbstverständlich in Hamburg.

Blankenese von Bord der MS Ocean Majesty. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Blankenese von Bord der MS Ocean Majesty. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

In der Hansa Show Lounge gibt Lektor Peter Jurgilewitsch einen ersten Ausblick auf das, was uns in dieser wunderbaren Reiseregion rund um Island erwarten wird. Wir sind sehr gespannt auf das, was kommt und lassen den Abend entspannt ausklingen.

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Tag 2: 17. August 2017 ein Seetag

Die See ist ruhig, das Wetter herrlich, das Bordprogramm abwechslungsreich. Was will man mehr an einem Seetag wie heute? Ach ja, das Essen – wir erwähnten bereits an anderer Stelle, dass es nochmals eine kulinarische Steigerung sowohl am Lido-Buffet als auch im Hauptrestaurant im Vergleich zu den letzten Jahren gibt. Hansa Touristik bietet die Ocean Majesty offiziell als 3-Sterne Kreuzfahrtschiff auf dem Markt an, sowohl Essen als auch der Service sind auf jeden Fall noch besser zu bewerten.

Am Abend begrüßt Kapitän Papangelis alle Passagiere persönlich beim traditionellen Kapitäns Empfang mit anschließendem Gala-Welcome-Dinner.

MS Ocean Majesty Seetag. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
MS Ocean Majesty Seetag. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Tag 3: 18. August 2017 Lerwick, Shetland-Inseln

Nach 564 Seemeilen erreichen wir heute am frühen Morgen um 07:00 Uhr den Hafen Lerwick auf der Shetland-Insel Mainland, welche die Hauptinsel der zu Schottland gehörenden Shetland-Inseln ist. Die Insel Mainland ist mit den Fährverbindungen und dem Flughafen in Sumburgh der Verkehrsknotenpunkt der Inselgruppe im Nordatlantik. Mainland ist 76x28km groß, erstreckt sich auf einer Fläche von 970km² und erreicht eine Höhe von maximal 449m im Norden und 293m im Süden.

Der Hafen Lerwick liegt strategisch sehr günstig, denn die geringe Entfernung zu den Ölförderanlagen in der Nordsee sowie zu den Fischgründen des Atlantiks führt zu einer starken Frequentierung durch Schiffe der Ölindustrie, der Fischereiflotten und nicht zuletzt durch Kreuzfahrtschiffe. Lerwick bietet sich für einen Zwischenstopp in Richtung Island oder während einer Kreuzfahrt rund um England für einen Besuch an.

MS Ocean Majesty in Lerwick. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
MS Ocean Majesty in Lerwick. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Mit dem Mietwagen unterwegs

Das Straßennetz der Insel ist insgesamt gut ausgebaut, was zum Entschluss führt, mit dem Mietwagen auf eigene Faust durch die saftig grüne Hügellandschaft zu fahren.

Wir entschließen uns zunächst, einen südlichen Kurs einzuschlagen. Nach rund einer Stunde Fahrt durch malerische Dörfer, über Schafweiden und entlang zerklüfteter Küstenabschnitte queren wir zunächst die Start- und Landebahn des Flughafens in Sumburgh, bevor wir einen kurzen Abstecher nach Jarlshof machen. Jarlshof ist die bekannteste prähistorische Stätte auf den Shetland-Inseln. Die dicht konzentrierten Bauten umfassen Gebäude aus der Bronzezeit und wurden Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt. Die Erwartungen an diese Ausgrabungen sollten, obgleich sie hier wirklich bedeutend sind, nicht zu groß sein. Vielmehr handelt es sich um eine Art Erdhäuser, die entsprechend nicht als Gebäude im klassischen Sinne zu erkennen sind. Die schon von weither sichtbaren, burgähnlichen Gebäude gehören nicht unmittelbar zu den Ausgrabungen.

Jarlshof in Sumburgh, Mainland, Shetland-Inseln. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Jarlshof in Sumburgh, Mainland, Shetland-Inseln. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Landschaftlich besonders reizvoll wird es an den Klippen der Südküste von Mainland, am Kap Sumburgh Head. Hier markiert der Leuchtturm, das Sumburgh Head Lighthouse, den südlichsten Punkt von Mainland. Bereits 1977 wurde der Leuchtturm in den Denkmallisten mit der höchsten Kategorie A gelistet. Das Leuchtfeuer liegt in einer Höhe von 91m über dem Meeresspiegel, die Reichweite des Leuchtfeuers beträgt 23 Seemeilen (42km). Erbaut wurde das gut erhaltene Bauwerk in den Jahren 1819 bis 1821 und war bei Inbetriebnahme der erste Leuchtturm dieser Inselgruppe. Erst seit dem Jahr 1991 läuft der Leuchtturm völlig automatisiert. Unweit des Leuchtturms befindet sich ein etwas kleineres Leuchtfeuer, von dem aus der Blick über die Steilküste besonders spektakulär ist.

Sumburgh Head mit Lighthouse, Mainland, Shetland-Inseln. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Sumburgh Head mit Lighthouse, Mainland, Shetland-Inseln. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Als sehr interessant einzustufen ist der Sumburgh Airport (LSI), deren 550m lange Start- und Landebahn am westlichen Ende von der Verbindungsstraße in Richtung Norden gekreuzt wird – ähnlich wie in Gibraltar, nur erheblich kleiner. Der Verkehr wird bei einer Flugzeuglandung mit einer Schranke geregelt. Sumburgh Airport ist Ziel kleinerer Maschinen und zugleich die Basis der großen Hubschrauber für die Offshoreindustrie. Auf dem Rückweg nach Lerwick besuchen wir die Quendale Mill, eine Wassermühle aus dem Jahr 1868, die seit 1977 ebenfalls mit der Kategorie A in den schottischen Denkmallisten aufgeführt ist. Seit dem Jahr 1948 ist die Mühle nur noch während Besucherführungen in Betrieb.

Quendale Wassermühle, Mainland, Shetland-Inseln. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Quendale Wassermühle, Mainland, Shetland-Inseln. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Am Nachmittag erkunden wir den nördlichen Teil der Insel Mainland, welcher zum größten Teil noch unbewohnt ist. Eine einzige Hauptstraße durchzieht das Hügelland, hin und wieder zweigen kleinere Nebenstraßen zu idyllischen Landhäusern und kleineren Siedlungen ab, die inmitten saftiger Felder liegen. Eine kleine Fähre verbindet diese einsame Gegend mit den nahe gelegenen Nachbarinseln.

Bevor wir zum Hafen in Lerwick zurück kehren, entschließen wir uns zu einem Besuch am Scalloway Castle im gleichnamigen Ort Scalloway. Vielmehr ist Scalloway Castle eine Schlossruine und zählt – man vermutet es bereits – ebenfalls zur höchsten Denkmalkategorie. Scalloway Castle wurde zwischen 1600 und 1607 erbaut, heute sind davon lediglich die vier Außenwände erhalten. Alle Zwischenböden und das Dach sind eingestürzt. Die Ruine kann kostenpflichtig besichtigt werden, worauf wir aber verzichten. Nach einem letzten Blick auf Scalloway Castle von einem benachbarten Aussichtspunkt aus kehren wir nach einer interessanten, zweiten Inselrundfahrt zur Ocean Majesty zurück.

Scalloway Castle, Mainland, Shetland-Inseln. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Scalloway Castle, Mainland, Shetland-Inseln. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Um 20:00 Uhr verlassen wir Lerwick in Richtung Seydisfjördur an der Ostküste Islands. Bis wir die 501 Seemeilen zurückgelegt haben, liegt morgen einen weiterer Seetag vor uns.

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Tag 4: 19. August 2017 ein Seetag

Das Vormittagsprogramm an Bord der Ocean Majesty wird heute etwas ausgedünnt, denn wir haben raue See mit Wellen, die weder einen Tanzkurs noch die Shuffleboard-Runde an Deck zulassen. Gestern hat ein Sturm das Seegebiet zwischen den Shetland-Inseln und Island durchquert, die restlichen Wellen davon sind heute noch gut zu spüren und erreichen bis zu 4 Meter Höhe. Die meisten Gäste nehmen es mit Humor, denn wer eine Seereise unternimmt, der kann nicht immer von ruhiger See ausgehen. Schon gar nicht im Nordatlantik. Kapitän Papangelis steuert allerdings doch lieber selbst durch die aufgewühlte See. Sicher ist sicher.

Je näher wir der Südküste von Island kommen, umso ruhiger wird die See und am Abend wirkt die Szenerie so malerisch, als hätte nie eine Welle unser Tagesprogramm beeinflusst.

MS Ocean Majesty Sonnenuntergang auf See. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
MS Ocean Majesty Sonnenuntergang auf See. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Tag 5: 20. August 2017 Seydisfjördur, Island

Mit Spannung wird heute Morgen das Einlaufen in den ersten Hafen auf Island während unserer Kreuzfahrt erwartet. Ein Großteil der Gäste steht mit Ferngläsern und Kameras an Deck und beobachtet das Anlegemanöver am kleinen Passagierterminal im Hafen von Seydisfjördur. Zwar leben nicht einmal 700 Menschen in diesem kleinen Örtchen an der Ostküste von Island, aber einen gewissen Bekanntheitsgrad hat er dennoch, denn regelmäßig legt hier die MS „Norröna“ der Smyril Line an. Dieses Schiff ist das einzige, welches Island über die Färöer Inseln mit Dänemark verbindet. Im Zweiten Weltkrieg war Seydisfjördur ein Marinestützpunkt und hier endete im Jahr 1906 das erste Unterseetelefonkabel nach Island. Die Blütezeit erlebte der Ort zwischen 1877 und 1900, als sich norwegische Heringsfänger hier niederließen. Aus dieser Zeit stammen die meisten der gut renovierten Holzhäuser, die in Fertigbauweise aus Norwegen eingeführt wurden.

Seydisfjördur und Blaue Kirche, Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Seydisfjördur und Blaue Kirche, Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Erste Erkundungen auf Island

Die Insel ist für uns zunächst keine Unbekannte, denn vor drei Jahren waren wir schon einmal auf diesem faszinierenden Fleckchen Erde, die meisten Häfen dieser Reise besuchen wir dennoch zum ersten Mal. Seydisfjördur gehört ebenfalls dazu. Obwohl das Ausflugsprogramm an Bord durchaus interessant ist und alle Touren wirklich gut organisiert sind, so erkunden wir die Destinationen gerne auf individueller Basis. Da es in Seydisfjördur keine Mietwagenstation gibt, wird das heute zu Fuss gemacht. Bei all dem leckeren Essen an Bord schadet etwas mehr Bewegung ohnehin nicht. Wir laufen zum 4km entfernten Gufufoss Wasserfall.

Der Gufufoss Wasserfall

Übersetzt bedeutet Gufufoss Wasserfall so viel wie „Dampf-Wasserfall“, was ihn durchaus treffend beschreibt. Aktuell führt er allerdings nur eine sehr geringe Menge an Wasser, was ihn dennoch kaum weniger imposant erscheinen lässt. Mit einer Höhe von 10m zählt er zu den kleineren Wasserfällen auf Island, dafür genießt man hier eine idyllische Natur ohne andere Touristen.

Gufufoss Wasserfall Seydisfjördur, Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Gufufoss Wasserfall Seydisfjördur, Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Auf dem Rückweg bietet sich ein ausgedehnter Rundgang durch den Ort an, der zu den schönsten an der Ostküste von Island gehört. Während des Spaziergangs gibt es kleine Kaufmannsläden, ein Café, einen Supermarkt, farbenfrohe Straßen und eine auffällige Blaue Kirche zu entdecken. Im 1984 gegründeten Technischen Museum reist der Besucher in die Vergangenheit der Insel. Die Atmosphäre des frühen 20. Jahrhunderts erlebt man aber auch bei einem Stadtrundgang.

Um 17:00 Uhr nimmt die Ocean Majesty Kurs auf Siglufjördur im Norden von Island.

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Tag 6: 21. August 2017 Siglufjördur, Island

In der Nacht hat unsere Ocean Majesty die Ostseite der Insel umrundet und erreicht um 07:00 Uhr den kleinen Hafen Siglufjördur auf der Halbinsel Tröllaskagi in Nordisland. Derzeit leben ungefähr 1.200 Einwohner in Siglufjördur, zur Zeit des Heringsbooms waren es bis zu 3.000. Der Ort liegt zwischen zwei mehr als 900m hohen Gebirgszügen und war bis zur Eröffnung des Tunnels zwischen Siglufjördur und dem nur 15km entfernten Ölafsfjördur nur über eine 60km lange Gebirgsstraße zu erreichen. Wir nutzen den kurzen Stopp der Ocean Majesty, um von hier aus eine rund 450km lange, individuelle Tour mit dem Mietwagen zu starten, den wir in einer Fischfabrik entgegennehmen. Auch hier gibt es nämlich noch keine offizielle Mietwagenstation. Der Tag verspricht ein wunderschöner zu werden, denn schon sehr früh leuchten die ersten Sonnenstrahlen über die Berge hinüber bis ins Tal.

Es werden übrigens regulär organisierte Überlandausflüge mit selbiger Streckenführung angeboten, wie wir sie heute auf dem Plan stehen haben! Diese Touren sind in jedem Fall zu empfehlen, denn bei einer individuellen Rundfahrt bleibt immer das Restrisiko, am Ende wieder pünktlich am Schiff sein zu müssen und dieses im Zweifelsfall zu verpassen. Die Kosten für die „Nachreise“ zum Schiff trägt man dann natürlich selbst. Vom damit verbundenen Ärger mal ganz abgesehen.

Blick auf Akureyri von der Landstraße 82 auf Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Blick auf Akureyri von der Landstraße 82 auf Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Rund 80 Kilometer schlängelt sich eine Küstenstraße von Siglufjördur entlang des Eyjafjördur Fjords durch eine malerisch schöne Landschaft voller Kontraste und unglaublich schöner Farben. Auf den Berggipfeln liegt noch Schnee, in den Tälern grasen Schafe auf saftig grünen Wiesen und immer wieder bilden kleine Ansiedlungen einen herrlichen Farbkontrast in der endlosen Landschaft. Einfach herrlich! In Akureyri wechseln wir von der Landstraße 82 auf die 1, welche zunächst auf der anderen Seite des Fjords verläuft und dann in einer großen Rechtsbiegung ins Innere der Insel führt.

Erster Halt am Godafoss Wasserfall

Unser erster, längerer Halt ist an einem der bekanntesten Wasserfälle von Island, dem Godafoss. Er liegt etwa auf halber Strecke zwischen Akureyri und Myvatn. Die Fallhöhe des Godafoss beträgt zwar nur 12 Meter, aber dafür donnern die Wassermassen des Skjálfandafljót auf einer Breite von 30m ins Tal und erzeugen einen enormen Geräuschpegel. Beim Skjálfandafljót handelt es sich um einen 178km langen Fluss, den viertlängsten von Island. Die Fallkante des Godafoss entstand am Rand des Lavastroms Frambruni, der sich vor über 8.000 Jahren aus dem Vulkan Trölladyngja ergoss und eine Länge von 105km aufweist.

Godafoss Wasserfall auf Island Ostseite. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Godafoss Wasserfall auf Island Ostseite. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Touristenmassen in malerischer Natur auf neuen Betonwegen

Aufgrund der frühen Tageszeit erkunden wir zunächst die Ostseite des Wasserfalls, die prinzipiell komplett frei zugänglich ist. Uns fällt jedoch auf, dass die Wege im Vergleich zum Jahr 2013 enorm ausgebaut wurden. Vor 4 Jahren sind wir an einer völlig natürlichen Steilkante oberhalb des Wasserfalls entlang gelaufen und ein unbefestigter Weg führte hinab in das Flusstal. Heute ist zumindest der erste Teil des Weges als Betonweg ausgebaut und endet auf einer ebenfalls betonierten, riesigen Aussichtsplattform mit Stahlgitter zur Klippenseite. Auf den ausgebauten und begradigten Wegen schieben sich die Touristenmassen in Richtung Aussichtsplattform. Erst von dieser aus ist wieder festes Schuhwerk nötig um bis zur Fallkante vorzulaufen. Die meisten Besucher verbleiben zum Glück auf der Aussichtsplattform. Uns gefällt dieser Ausbau der Wege überhaupt nicht, denn das unberührte Bild einer malerischen Landschaft wird dadurch enorm getrübt. Man darf sich auf die Frage stellen, warum einerseits so viel Wert auf den Erhalt der unberührten Natur auf Island gelegt wird, andererseits aber das Landschaftsbild mit Betonwegen, Stahlgeländern und Begradigungen derart verändert wird.Wir fahren weiter zum Namafjall Vulkangebiet, in dem ein strahlend blauer See sofort ins Auge fällt. Weiterfahren unmöglich!

Blauer See mit Kieselalgen am Namafjall Vulkan auf Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Blauer See mit Kieselalgen am Namafjall Vulkan auf Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Das Geheimnis der blauen Färbung

Die blaue Farbe ist so unglaublich intensiv, als wäre hier von Menschenhand mittels Einfärbung nachgeholfen worden. Im Regelfall hängt die Farbe eines Gewässers von der Tiefe und Sauberkeit ab, denn das einfallende Licht wird je nach Wellenlänge an den Wassermolekülen gestreut oder vom Wasser absorbiert. Deutlich erkennbar ist dieser Effekt zum Beispiel an tiefen, klaren Bergseen oder an sauberen Strandbuchten unserer Ozeane.

Die intensive Färbung dieses Sees – und auch der bekannten, Blauen Lagune bei Reykjavik – rührt allerdings von einem hohen Anteil an Kieselalgen und Mineralsalzen her, die in erster Linie blaue Strahlen bei Sonnenschein reflektieren.

Es blubbert und dampft an allen Ecken

Nur wenige Meter weiter ist der Boden völlig Gelb, was durch starke Schwefelablagerungen hervorgerufen wird. Ein entsprechender Schwefelgeruch liegt in der Luft. Hier werden die Sinne völlig neu geschärft, denn die intensiven Farben, Gerüche und Geräusche sind uns in dieser Intensität völlig fremd. Es blubbert und dampft an allen Ecken und Kanten in diesem Vulkangebiet. Der Vulkan ist durchzogen von Schlammtöpfen, Fumarolen und Solfataren. Die austretenden Gase sind hier zwischen 100 bis 250°C heiß. Die Fumarole (Dampfaustrittsstellen) sind ein Zeichen für vulkanische Aktivität. Der Namafjall ist in der Tat ein aktiver Vulkan, der zum Vulkansystem der Kraftla gehört. Die letzten Ausbrüche wurden zwischen 1975 und 1984 verzeichnet. Das 100km lange Vulkangebiet ist in unterschiedliche Zonen aufgeteilt, von denen die meisten aufgrund zu hoher Temperaturen und gefährlicher Gase nicht zugänglich sind. Eines der bekanntesten, begehbaren Hochtemperaturgebiete ist Hverarönd. Im Hochtemperaturgebiet Hverarönd, welches sich auf der Ostseite des Namafjall befindet, lässt sich auf besonders beeindruckende Weise die Urgewalt unseres Planeten erahnen. Hier muss man einmal seinen Blick schweifen und für einen Moment die Seele baumeln lassen. Sensationell!

Hochtemperaturgebiet Hverarönd am Namafjall Vulkan auf Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Hochtemperaturgebiet Hverarönd am Namafjall Vulkan auf Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Urzeitliche Naturgewalt am Dettifoss

Auch wenn wir uns nur schwer von all den blubbernden Schlammtöpfen und zischenden Fumarolen trennen können, es gibt heute noch viel zu entdecken und das Zeitfenster ist am Ende begrenzt. Weiter geht es.

Der Dettifoss ist der energiereichste Wasserfall Europas und über zwei Wege erreichbar. Eine neu ausgebaute Straße (ehemals Schotterpiste) führt am Westufer rund 22km in Richtung Norden und endet an einem ebenfalls neu angelegten Parkplatz. Von dort aus erreicht man nach einem rund 10-minütigem Fußmarsch den Wasserfall. Der andere Weg ist eine 31km lange Schotterstraße am Ostufer. Wir entscheiden uns aus Zeitgründen heute für einen Besuch am Westufer. Von beiden Seiten aus kommt man relativ nah an den Dettifoss heran. Auf dem Weg vom Parkplatz zum Dettifoss ahnt der Besucher noch nicht, was am Ende des Weges zu sehen sein wird. Zwar kündigt auch hier eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse die nahenden Naturgewalten an, aber dann liegt er urplötzlich vor einem, in der über 100m tiefen Schlucht Jökulsárgljúfur, der 44m hohe und 100m breite Dettifoss (isl. „stürzender Wasserfall“). Die gewaltigen Wassermassen stürzen beinahe brüllend in die Tiefe, verstärkt wird das Geräusch durch die enge Schlucht in welche das Wasser fällt. Diese urzeitliche Naturgewalt und die landschaftliche Schönheit am Dettifoss sind bemerkenswert!

Dettifoss Wasserfall auf Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Dettifoss Wasserfall auf Island. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Mehr als nur ein Wasserfall!

Vor einem Besuch am Dettifoss ist der unversierte Besucher in der Regel der Meinung, nur einen Wasserfall vorzufinden. Dem ist allerdings nicht so, denn in der Schlucht Jökulsárgljúfur gibt es neben dem Dettifoss noch zwei weitere, beeindruckende Wasserfälle des Flusses Jökulsá. Etwa einen Kilometer oberhalb vom Dettifoss liegt der Selfoss mit einer Fallhöhe von 10m und 2km flussabwärts stürzt der 27m hohe Hafragilsfoss in die Tiefe. Letzterer ist der zweithöchste Wasserfall dieses Flusssystems.

Mücken, Mücken, Mücken am Mückensee

Wir beginnen nun die Rückfahrt in Richtung Akureyri, planen aber weitere Stopps unterwegs ein. Sind wir auf der Hinfahrt zwischen dem Godafoss Wasserfall und dem Dettifoss Wasserfall noch auf der Westseite des Lake Myvatn entlang gefahren, so umfahren wir diesen atemberaubend schönen See jetzt auf der Ostseite. Der See liegt auf einer Höhe von 288m über dem Meeresspiegel inmitten erkalteter Lavafelder zwischen Vulkankegeln und hat eine Fläche von 37m². Er ist der viertgrößte See der Insel. Um den See herum führen zahlreiche Wanderwege. Eine solche Wanderung kann im Sommer, innerhalb zweier Perioden von jeweils etwa zwei Wochen, sehr unangenehm sein, denn der Name Myvatn bedeutet übersetzt „Mückensee“. Und dieser Name ist hier Programm! Innerhalb der beiden Zeitfenster ist die Population der nicht stechenden Zuckmücken extrem hoch. Diese Mücken werden insbesondere vom aus dem Boden und dem See aufsteigenden Kohlendioxid angezogen, welches auch Menschen und Tiere ausatmen. Das kann dazu führen, dass die Mücken gezielt in Mund- und Nasenhöhlen eindringen. Während unseres Besuchs im Jahr 2013 erlebten wir eine solche Hochphase der Population, diesmal ist sie bedeutend geringer und nicht flächendeckend um den ganzen See herum verbreitet. Die unberührte Landschaft entschädigt in jedem Fall für diese kleinen Plagegeister.

Pferde am Lake Myvatn auf Iceland. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
Pferde am Lake Myvatn auf Iceland. Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com

Die Rückfahrt nach Akureyri verläuft recht zügig und ohne weitere Verzögerungen, so dass wir einen zweiten Stopp am Godafoss Wasserfall einlegen. Der wird am Abend, von der Ostseite aus betrachtet, in besonders schönes Licht der tiefstehenden Sonne getaucht. Pünktlich vor der Abfahrt der Ocean Majesty um 19:00 Uhr sind wir wieder an Bord und lassen einen herrlich schönen Tag gemütlich an der Bar ausklingen. Was für eine wunderschöne Insel!

Foto: Oliver Asmussen/oceanliner-pictures.com
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Fortsetzung in Reisebericht Teil 2: Von Isafjördur über Grundafjördur, Reykjavik und Heimaey nach Kiel

 

Oliver Asmussen
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